Merzig. Über den Placebo-Effekt sprach Professor Dr. Matthias Strittmatter in der Online-Vortragsreihe von CEB und Klinikum Merzig. Zwar war der Begriff den meisten Teilnehmern des publikumsoffenen Video-Seminars bekannt. Was der Placebo-Effekt jedoch alles bewirken kann und dass er auch noch eine böse Schwester - das Nocebo - hat, das wussten nur die wenigsten. So hatte Neurologie-Chefarzt Strittmatter einiges darüber zu berichten, was Placebo und Nocebo mit dem Patienten tun.
Erste Studien zum Placebo-Effekt gab es bereits 1933 und 1955, während sich die Wissenschaft erst seit 2000 um den Nocebo-Effekt kümmert. Und das mit überraschenden Ergebnissen: So haben in Doppelblindstudien laut Strittmatter auch die Placebos bei jedem vierten Probanden schwere Nebenwirkungen gezeigt. Der Placeboeffekt sei auch dafür verantwortlich, dass die Wirkung von Medikamenten nicht nur vom Markennamen bestimmt wird, sondern auch vom Preis, der Darreichungsform und der Farbe von Tabletten. „So kommt es eben auch dazu, dass der angeblich teuerste Wein auch am besten schmeckt“, erläuterte der Neurologe. „Die dazu führenden Mechanismen in unserem Gehirn werden in der funktionellen Kernspintomographie sicht- und nachvollziehbar“. Auch wenn es derselbe Wein sei, der den Versuchspersonen vorher als angeblicher Billigwein vorgesetzt wurde, und der ihnen dann „selbstverständlich“ auch nicht schmeckte.
„Kann man sich Schmerz bewusst einbilden? - Natürlich“, so Strittmatter, aber nicht so stark wie unter Hypnose. „Schon ein schmerzhaft klingendes Wort zu hören, aktiviert die Schmerzzentren in unserem Gehirn und hat damit bedeutsame Konsequenzen in unserer Kommunikation“, gerade auch in der Art-Patienten-Beziehung. Eine klare und ehrliche Aufklärung vor Eingriffen gibt dem Patienten die Möglichkeit, Schmerzen etwa zu antizipieren und damit letztlich auch zu lindern.
Ein hingeworfener Satz wie „Ich verkabele Sie jetzt“, kann bei Patienten bereits - als Nocebo - unnötige Angst auslösen, ebenso wie die langen Beipackzettel von Medikamenten. Zum Beweis las Strittmatter einen solchen „Beipackzettel“ mit Nebenwirkungen vor. Nämlich den von Schokolade. „Würden wir das bei diesen Nebenwirkungen einnehmen? Nee – oder?“ Das Wissen um die hilfreiche, aber auch schädliche Kraft von Placebo und Nocebo sind nicht nur in der Schmerztherapie wichtig. Es gehöre zu jedem guten Gespräch zwischen Arzt und Patient, um ein tragfähiges und dauerhaftes gemeinsames therapeutisches Bündnis zu schließen.
Beim nächsten Vortrag in der Reihe „Prävention und medizinische Behandlung für und in der Region Merzig-Wadern“ heißt es am Donnerstag, 8. Juli, 18 Uhr, „Wie kriegt die Leben ihr Fett weg?“ Referent ist Dr. Peter Henkel, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II. Mehr unter www.ceb-akademie.de/shg
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Von der hilfreichen und der schädlichen Macht der Suggestion