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Ohne klare Regeln geht nichts

Kinderpsychiater Joachim Bechtold gab Tipps zur Erziehung

Merzig. Über den Umgang mit Kindern und Jugendlichen aus psychiatrischer Sicht sprach Oberarzt Joachim Bechtold zum Auftakt der neuen Serie von Vorträgen für Patienten, Angehörige und Interessierte in den SHG-Kliniken Merzig. Insgesamt 18 Mal geht es bis Februar nächsten Jahres um aktuelle medizinische Themen, die im neuen Personalcasino von Experten des Klinikums präsentiert werden.

Seit über 20 Jahren ist Bechtold als leitender Oberarzt in der Merziger Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig, hat also reichlich Erfahrung. Zum Einstieg in die Materie informierte der Kinderpsychiater über rechtliche Grundlagen bei der Erziehung und stellte verschiedene pädagogische Modelle vor, von der Waldorfpädagogik bis hin zu speziellen Trainingsprogrammen für hyperaktive Kinder.

Wichtig bei der Erziehung sind klare Regeln, weiß Bechtold. Diese Regeln sollten allgemeine Gültigkeit haben, also für Eltern und Kinder gleichermaßen gelten. Ein Beispiel: „Wir sagen Bescheid, wo wir hingehen.“ Ein anderes: „Wir warten mit dem Essen, bis alle am Tisch sitzen.“ Die Regeln sollten jeweils an das Alter der Kinder angepasst sein, beispielsweise beim Medienkonsum. Auch die Vorbildfunktion der Eltern dürfe nie vergessen werden, auch wenn es für die Erwachsenen unbequem wird.

Was noch für die Eltern gilt: „Sie müssen sicherstellen, dass diese Regeln klar genug sind und auch so kommuniziert werden“. Durchaus sinnvoll sei es, Kinder beim Aufstellen der Regeln mitbestimmen zu lassen. Einem Verstoß gegen die Regeln sollten auf jeden Fall Konsequenzen folgen, die allerdings von vorneherein festgelegt und bekannt sein sollten. „Denken sie einmal an Verstöße im Straßenverkehr. Auch da stehen die Sanktionen von vorneherein fest“, so Bechtold.

Eine in Aussicht gestellte Belohnung wirke allerdings prinzipiell stärker als eine angedrohte in Aussicht gestellte Bestrafung. In der Tagesklinik der Merziger Kinder- und Jungendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik arbeiten die Fachleute mit „Belohnerpunkten". Das ist ein gestaffeltes Belohnungssystem, in dem für das Einhalten von Regeln unterschiedliche Bonuspunkte verdient werden können.

Diese können die Kinder gleich ausgeben oder für größere Belohnungen aufsparen. Das sei eine hervorragende Übung für die Kinder, denn ein Aufsparen von Boni sei nicht nur eine hervorragende Suchtprophylaxe. Überdies habe man in Studien festgestellt, dass die erfolgreichsten Menschen diejenigen sind, die Belohnungen aufschieben können.

Die Belohnungen sollten jedoch keine materiellen Dinge sein, sondern gemeinsame Aktivitäten. Auch hierzu ein guter Tipp: „Beziehen Sie die Kinder ins Ausarbeiten des Belohnungssystems ein.“ Rückfälle seien allerdings normal und es sei wichtig, auch Raum für Fehler zu lassen. Man sollte klein anfangen und nicht alles auf einmal ändern. Außerdem sollte man auf Krisen vorbereitet sein. 

Wichtig ist für Kinder auch die sogenannte „anforderungsfreie Zuwendung“, also eine Zuwendung ohne Hintergedanken. Bechtold wies darauf hin, dass altersgerechte Regeln auch auf der Homepage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu finden sind, zum Beispiel in Bezug auf Taschengeld oder Medienkonsum.

Mehr hierzu unter www.bzga.de

Foto: SHG/Alexandra Broeren

 

Joachim Bechtold, Leitender Oberarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie der SHG-Sonnenberg in Merzig, zeigte auch den rechtlichen Rahmen auf, der bei der Erziehung zu beachten ist.