Merzig. „Jeder zehnte Mensch im Saarland über 65 ist an Demenz erkrankt“, weiß Petra Selzer, Demenzbeauftragte des SHG-Klinikums Merzig. Trotz der erschütternden Zahl sei Demenz teils immer noch ein Tabu, über das viel zu selten gesprochen wird, sagte Selzer in ihrem Vortrag „Demenz verstehen“ im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsvorträge des Klinikums. Besonders bedauerlich sei, dass viele die vorhandenen Hilfsangebote nicht in Anspruch nehmen. „Es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote, die man auch von zu Hause aus wahrnehmen kann“, betonte Selzer.
Demenz ist nicht gleich Demenz. Neben der bekanntesten Form, der Alzheimer-Demenz, gibt es andere Einschränkungen der Hirnleistung, die auf unterschiedlichste Ursachen zurückzuführen sind. „Auch wenn die meisten Demenzformen nicht heilbar sind, so ist doch der Verlauf in der Regel gut beeinflussbar“, erklärte Petra Selzer.
Die Krankheit verläuft in verschiedenen Stadien. In der Frühphase ist es besonders wichtig, dass die Betroffenen aktiv am Leben teilnehmen und ihre Selbstständigkeit so weit wie möglich erhalten bleibt. Sport, Physiotherapie und Ergotherapie können dabei wertvolle Dienste leisten. „Man kann den Alltag mit verschiedenen Hilfsmitteln so gestalten, dass Betroffene weiterhin gut zurechtkommen“, erläutert Selzer. Es sei auch hilfreich, sich Unterstützung von außen zu holen und offen über die Erkrankung zu sprechen. „Oft ist noch viel mehr möglich, als man denkt.“
Im Stadium der mittelschweren Demenz können Betroffene ihren Alltag nicht mehr ohne Unterstützung bewältigen. Räumliche und zeitliche Orientierung sind oft beeinträchtigt und Wesensveränderungen können spürbar sein. Sprach- und Bewegungsfähigkeiten sind häufig eingeschränkt, und das Kurzzeitgedächtnis leidet. Für die Angehörigen gilt in dieser Phase: „Holen Sie sich Hilfe, und nehmen Sie sich auch ausreichend Zeit und Raum für sich selbst“. Im Stadium einer fortgeschrittenen Demenz sind intensive Hilfe und Betreuung notwendig. Die Symptome können so stark sein, dass die Betroffenen weitgehend bettlägerig werden. „Angehörige, die Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz betreuen, müssen unbedingt ihre eigenen Belastungsgrenzen im Auge behalten“, mahnte die Fachfrau.
Jeder Fall sei einzigartig. „Es gibt kein Patentrezept, wie man mit einem demenzerkrankten Angehörigen umgehen sollte“, so Selzer. „Wir müssen uns auf die Situation einlassen und unsere Vorstellungen davon, wie etwas zu sein hat, loslassen. Und wir müssen die Umgebung an den Erkrankten anpassen, denn er selbst kann das nicht mehr“. Der Vortrag der Demenzbeauftragten war ein lebendiger Dialog mit den Zuhörern, darunter nicht nur Angehörige, sondern auch selbst Betroffene.
Was tun, wenn ein dementer Angehöriger ins Krankenhaus muss? Im Klinikum gibt es die Möglichkeit eines begleitenden Rooming In. Hier ist es dann wichtig, dass die Pflegenden möglichst viele Informationen über den Patienten, seine Eigenarten und Vorlieben erhalten. Auf der Internetseite der Alzheimer-Gesellschaft, www.deutsche-alzheimer.de, gibt es einen Patienteninformationsbogen zum Download, den Angehörige für das Pflegepersonal ausfüllen können. „Je mehr Informationen wir haben, desto besser können wir den Patienten betreuen“, so Petra Selzer.