Merzig. Ethische Fragen rücken in Medizin und Pflege zunehmend in den Fokus. In den Krankenhäusern gibt es dafür sogenannte Ethik-Komitees. Im Klinikum Merzig besteht ein solches Gremium seit 2009. Seit 2011 steht Hans-Peter Schumacher an dessen Spitze. Im Rahmen der Vorträge im Neuen Personalcasino beleuchtete er die vielfältigen Aufgaben der Ethik-Beratung.
Ethische und moralische Konflikte in der Medizin können immer dann auftreten, wenn sich Menschen im Krankenhaus in besonderen Situationen befinden, weiß Schumacher. Schließlich gehe es ja darum, ihre Gesundheit zu bewahren und wiederherzustellen, Schmerzen und Leid zu lindern und den vorzeitigen Tod zu verhindern. Der Bedarf an medizinischer Ethik sei in den letzten Jahren stark gestiegen, bedingt durch die Zunahme der Apparatemedizin, die wachsende Selbstbestimmung der Patienten und die immer differenzierteren Wertevorstellungen der Gesellschaft. Eine Ethikberatung wird unter anderem in der S3-Leitlinie für unheilbare Krebserkrankungen empfohlen und findet sich auch in den Grundsätzen der ärztlichen Sterbebegleitung der Deutschen Ärztekammer wieder.
Das klinische Ethikkomitee setzt sich aus Mitgliedern aller medizinischen Berufe zusammen. Hans-Peter Schumacher, zuvor viele Jahre pflegerischer Leiter der Intensivstation und heute Abteilungsleiter in der Pflegedirektion, führt das Komitee an. Stellvertreter ist der Neurologe und Ärztliche Direktor des Klinikums, Professor Dr. Matthias Strittmatter. Im Komitee sind zudem Palliativmediziner, Seelsorger und Psychologen vertreten. Schumacher und zwei weitere Mitglieder haben eine zertifizierte Zusatzausbildung als Medizinethiker absolviert.
Die zentrale Frage der Medizinethik lautet: Welche Behandlungsoption ist für einen bestimmten Patienten vorzuziehen? Laut Schumacher gibt es immer verschiedene Behandlungsoptionen, die sorgfältig gesucht und formuliert werden müssen. Die Ergebnisse der Fallberatungen des Ethik-Komitees haben in der Regel direkte Auswirkungen auf die weitere Behandlung. Bei einer Fallbesprechung gehen die Ethikfachleute systematisch vor. Alle Beteiligten, von den Angehörigen bis hin zu den Mitarbeitern, die mit dem Patienten befasst sind, werden angehört. Vorrangig gilt es, den mutmaßlichen Willen des Patienten herauszufinden, insbesondere wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt.
Schumacher hat vier Grundprinzipien einer ethischen Fallentscheidung definiert: das Wohlergehen des Patienten zu fördern, ihm möglichst geringen Schaden zuzufügen, seine Selbstbestimmung zu respektieren und auch die Bedürfnisse Dritter sowie den vernünftigen Umgang mit Ressourcen zu berücksichtigen. Die Verantwortung bleibt jedoch letztlich beim Arzt und dem Pflegeteam. Allerdings: „Es gibt nicht nur eine Lösung, und manchmal lassen sich Fragen auch bei der Fallbesprechung nicht restlos klären“, betonte Schumacher.