Idar-Oberstein. Von den ersten Gesprächen mit dem Land, dem konkreten Planungsverfahren bis hin zum Erhalt des Fördermittelbescheids des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz (MWG RLP), der Bauphase und zur offiziellen Einweihung der biplanen Angiographieanlage am Klinikum Idar-Oberstein vergingen mehrere Jahre. Am 12. Oktober 2023 war es endlich so weit: Sichtlich stolz begrüßte Verwaltungsdirektor Hendrik Weinz rund 100 Gäste, die seiner Einladung in den Hörsaal gefolgt waren, um das Ereignis gebührend zu feiern. Darunter die Vertreter des MWG RLP Dr. Arnd Goldt und Christian Herrbruck, SHG Geschäftsführer Bernd Mege, Oberbürgermeister Frank Frühauf, Bürgermeister Friedrich Marx, erster Kreisbeigeordneter Bruno Zimmer sowie Marianne Thömes von der Direktion Bau-Vergabe-Liegenschaften der SHG.
„Ich freue mich, nach sehr langer Zeit wieder in einen nahezu vollen Hörsaal blicken zu können“ so Weinz, der dem Auditorium in seiner Begrüßung einen kurzen Abriss über die Baumaßnahme von den Planungen über die Gesamtkosten in Höhe von rund 5.220.000 Euro bis Aufstellung und Inbetriebnahme der Angiographieanlage gab und die interdisziplinäre Nutzung durch (Neuro-)Radiologie, Kardiologie und die Gefäß- und Endovaskularchirurgie vorstellte. „Das Zusammenbringen von Leistungen aus dem OP, dem Herzkatheterlabor und der Radiologie in das Softwaresystem sind bislang einzigartig in Deutschland. ‚Sie leisten hier Pionierarbeit‘ so das Softwareunternehmen Daedalus. Den ersten Patienten werden wir am 25. Oktober 2023 mit der Anlage behandeln“ berichtet er weiter.
Dr. Arnd Goldt, Leiter der Abteilung Gesundheit im MWG, überbrachte die Grußworte von Minister Clemens Hoch. Er führte aus, dass man sich in Idar-Oberstein genau in die richtige Richtung bewege, in dem man die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum in den Fokus nimmt und für eine hervorragende flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sorge. „Das Klinikum Idar-Oberstein ist für die Versorgung im Nahe-Hunsrück-Raum von enormer Bedeutung“ sagte Dr. Goldt und nennt als Beispiel die hohe Versorgungsqualität der Stroke Unit des Klinikums, die unter anderem als eine von nur fünf weiteren Einrichtungen in Rheinland-Pfalz durch die Teilnahme am Telestroke-Verfahren in Zusammenarbeit mit kleineren regionalen Stroke Units die Versorgung von Schlaganfallpatienten im Land gewährleistet. Er führte weiter aus: „Wir eröffnen heute nicht nur eine Anlage, sondern eine vollständige Funktionseinheit, für die das Land eine Fördersumme von 3.237.000 Euro bewilligte. Das ist gut eingesetztes Geld und wir danken der Klinik für die Aufbringung der Eigenmittel. Wir wissen, dass das eine große Herausforderung darstellt.“ Für die Zukunft des Klinikums findet der Vertreter des MWG RLP deutliche Worte und unterstreicht damit die Bedeutung der Klinik für die Region: „Das Klinikum wird auch zukünftig vom Land unterstützt. Mit Blick auf den geplanten Neubau und die weiteren Bauabschnitte rechne ich mit einer erheblichen Investitionsrate. Aber auch die Kinderklinik und die Geburtshilfe in Idar-Oberstein seien hier genannt. Sie stellen einen elementaren Bestandteil im Leistungsangebot des Klinikums dar und erhalten von allen Kliniken des Landes die höchste Unterstützung.“
Priv.-Doz. Dr. med. Martin Eicke, Chefarzt der Klinik für Neurologie und Stroke Unit teilte in seinem Vortrag seine neurologischen Gedanken zur neuen Angiographieanlage mit den Gästen. Als Fachausschuss-Vorsitzender Schlaganfall bei der SQMed Mainz ist ihm die bestmögliche Versorgung von Schlaganfallpatienten im ganzen Bundesland ein besonderes Anliegen. „In Idar-Oberstein behandeln wir jährlich ca. 600 Schlaganfallpatienten, bei ca. 70 von ihnen werden Thrombolysen durchgeführt. Alle für die Behandlung notwendigen Abteilungen wie Neurochirurgie, Gefäßchirurgie, Neurologie und Kardiologie sind vor Ort vorhanden. Aber ca. 30 bis 35 Patienten mussten bisher jährlich zu Thrombektomien, d.h. zur mechanischen Entfernung eines Blutgerinnsels aus einem Hirngefäß, in andere Zentren, also nach Mainz, Homburg oder Kaiserslautern verlegt werden. Dies ändert sich mit der neuen Angiographieanlage.“ berichtet der Neurologe. Er rechnet damit, dass das Klinikum eine Sogwirkung entwickeln wird und andere Krankenhäuser im Umfeld jetzt das Klinikum kontaktieren werden, weil die Wege kürzer werden und für Schlaganfallpatienten gilt „Time is Brain“ (Zeit ist Hirn).
Der Chefarzt des Instituts für Interventionelle und Diagnostische Radiologie, Dr. med. Alexander Ludolph freut auf die unmittelbar bevorstehende Inbetriebnahme der Angiographieanlage. „Die neue biplane Angiographieanlage stellt selbst winzigste Gefäßstrukturen hochauflösend dar. Komplizierte Gefäßerkrankungen können direkt, sicher und schonend minimal-invasiv behandelt werden. Sie wird die Versorgung der Patienten in unserer Region in Bezug auf Schlaganfälle, Blutungen in Gehirn und an peripheren Gefäßen erheblich voranbringen, und das auf einem hervorragenden Niveau. Die Anlage wird ein wesentlicher Bestandteil der interventionellen Radiologie am Klinikum werden.“
Auch Prof. Dr. med. Natig Gassanov, Chefarzt der Medizinischen Klinik II, Kardiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin, wird mit seinem Team die Anlage zur Herzkatheterdiagnostik und -intervention nutzen. Er gab in seinem Vortrag einen Rückblick auf die Verlängerung der Lebenserwartung unter anderem dank der Fortschritte in der Kardiologie. Die Entwicklung in der Medizin gehe Hand in Hand mit technologischem Fortschritt. So ein medizinisch-technologischer Meilenstein ist die biplane Angiographieanlage im Klinikum Idar-Oberstein. „Das neue Herzkatheterlabor mit ihren dreidimensionalen Darstellungsmöglichkeiten erweitert unser Spektrum der interventionellen Kardiologie und Pneumologie, bietet uns mehr Sicherheit und Präzision in der Behandlung kritisch kranker Patienten und ermöglicht zudem eine bessere Therapieplanung“ erklärte Chefarzt Gassanov.
Im abschließenden medizinischen Beitrag führte Chefarzt Abidin Karatas, Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie, aus, dass mit der Angiographieanlage nicht nur die Strahlendosis sondern auch die Kontrastmittelgabe deutlich verringert wird. Bislang konnten Gefäße nur eindimensional dargestellt werden. „Die neue Anlage liefert uns mit einer Dosis bzw. einem Strahlengang Bilder aus zwei Ebenen und kann damit Gefäße dreidimensional berechnen und darstellen. Dies erleichtert den Chirurgen den Zugang zu den Gefäßen. Die Eingriffe werden für den Patienten einfacher, schonender und deutlich schneller.“ beschreibt Chefarzt Karatas die Vorteile aus seiner Sicht.
Auch der Ärztliche Direktor Dr. med. Ulrich Frey äußert sich begeistert: „Mit dieser Angiographieanlage haben wir unser Leistungsspektrum um ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in der regionalen Schwerpunktversorgung erweitert. Damit können wir den Menschen im Landkreis Birkenfeld und weit darüber hinaus eine bestmögliche Versorgung bei Herzinfarkten, Schlaganfällen und anderen lebensgefährlichen Gefäßerkrankungen bieten. Es freut mich sehr, dass die Landesregierung mit dieser Förderung einmal mehr gezeigt hat, welchen Stellenwert sie dem Klinikum in Idar-Oberstein für die hiesige Gesundheitsversorgung beimisst und wie ich den Ausführungen ihres Vertreters Herr Dr. Goldt heute entnehmen konnte, die Landesregierung unser Klinikum als unverzichtbaren Gesundheitsdienstleister auch zukünftig unterstützen wird."
Im Anschluss an den offiziellen Teil der Veranstaltung waren die neuen Räumlichkeiten der Angiographie zur Besichtigung geöffnet. Beeindruckt zeigten sich die Gäste nicht nur von der Größe und der apparativen Ausstattung des gesamten Angiographiebereichs, sondern auch von dem bewusst freundlich und hell gestalteten Raumambiente.
Foto: SHG/Moritz Forster